
Zu groß sind oft die Verlockungen der Lebensmittelindustrie. Wurst in Bärchenform, Fruchtgummis mit Vitaminen oder Knusperflakes mit extra Kalzium:
So preist die Werbung Kinderlebensmittel an. Doch statt gesund sind solche Produkte - belegt durch zahlreiche Untersuchungen (u.a. von Stiftung Warentest oder foodwatch) - meist: zu süß, zu fett, zu salzig und sie enthalten zu viele Zusatzstoffe. In den Supermarktregalen liegen über 300 Kinderlebensmittel. Die große Zahl der Produkte, ein ständig wechselndes Sortiment sowie gezielte Werbemaßnahmen verunsichern viele Eltern. Zudem fehlt bislang eine lebensmittelrechtliche Definition von „Kinderlebensmitteln“. Sind diese Lebensmittel, die in der Werbung als besonders geeignet für Kinder angepriesen werden, wirklich so wertvoll? Grundsätzlich besteht keine ernährungsphysiologische Notwendigkeit, Kindern nach dem ersten Lebensjahr spezielle Lebensmittel zu geben. Kinder können und sollen ab diesem Alter am normalen Familienessen teilnehmen. In der Werbung werden Kinderlebensmittel vielfach als „gesunder Snack für zwischendurch“ angepriesen, obwohl sie sich in Bezug auf die Zutaten und den Nährstoffgehalt wesentlich von empfehlenswerten Zwischenmahlzeiten für Kinder unterscheiden.
Was verspricht die Werbung?
Werbung für Kinderlebensmittel ist gezielt auf die Kinder, aber auch auf Sie als Elternteil ausgerichtet. Die Werbung beeinflusst oft in subtiler Art und Weise, dass es für die Betroffenen gar nicht direkt merkbar ist. Vorlieben, Konsum und Einkaufsverhalten Ihres Kindes werden durch Werbung generell mitgeprägt. Kinderlebensmittel werden in der Werbung als gesunde Zwischenmahlzeiten für Kinder herausgestellt. Im Vergleich zu den Zwischenmahlzeiten der „Optimierten Mischkost“ des Forschungsinstitutes für Kinderernährung Dortmund haben sie meist einen viel zu hohen Fett- und Zuckeranteil. Die empfohlene Verteilung von Eiweiß, Fett und Kohlenhydraten wird meist nicht erreicht. Spezielle Marketingmaßnahmen der Hersteller zielen darauf ab, bei den Kindern ein Markenbewusstsein zu wecken und die Eltern durch das Hervorheben vermeintlich gesundheitlicher Vorteile der Produkte zu deren Kauf zu bewegen. Wirksame Täuschungsmanöver der Lebensmittelhersteller bei Kinderlebensmitteln sind Beigaben wie Plastikspielzeug, Aufkleber, Sammelbilder usw., die zum Kauf anregen sollen. Diese Beigaben und die aufwendigen Verpackungen verursachen nur unnötige Kosten und belasten zudem auch die Umwelt. Die Werbung suggeriert bei Kinderlebensmitteln häufig einen Gesundheitseffekt, den sie gar nicht haben. Die Aufmerksamkeit der Eltern wird also gezielt in die falsche Richtung gelenkt.
Was ist wirklich drin in Kinder-lebensmitteln?
Kinderlebensmittel unterscheiden sich in Bezug auf die Zutaten und den Nährstoffgehalt von vergleichbaren herkömmlichen Lebensmitteln. Häufig werben die Hersteller z.B. bei einigen Schokoriegeln und Bonbons mit einem extra hohen Milchanteil. Meist enthalten solche Produkte jedoch keinen Tropfen echter Vollmilch, sondern sind lediglich mit Magermilchpulver, Süßmolkenpulver und Butterreinfett angereichert. Der Anteil an Zusatzstoffen - vor allem an Aroma- und Farbstoffen - ist oft höher als in vergleichbaren normalen Lebensmitteln. Um Lebensmittel attraktiv zu machen, versprechen die Hersteller gerne einen Zusatznutzen. Kinderprodukte werden daher immer öfter mit Nährstoffen wie Vitaminen und Mineralstoffen angereichert. Die zugesetzten Vitamine finden sich vor allem in Müslis oder Cornflakes. Aber auch zusätzliches Kalzium im Quark soll zum Beispiel die Knochen stärken. Im Glauben, damit Wertvolles für ihre Kinder in den Einkaufswagen zu packen, greifen Eltern zu den Produkten. Hinter dieser Anreicherungspraxis ist kein ernährungsphysiologisches Konzept erkennbar. Mit den derzeit angebotenen Kinderlebensmitteln sprechen die Hersteller typische Essens- und Geschmacksvorlieben von Kindern an. Deshalb lohnt sich für Eltern ein genauer Blick auf die Zutatenliste. Lassen Sie sich nicht von den bunten Werbeaussagen auf der Vorderseite der Produkte täuschen. Ein Glas Milch enthält mehr Kalzium und deutlich weniger Zucker oder Fett als zum Beispiel Schokolade mit Milchfüllung. Werden mehrere mit Vitaminen und Mineralstoffen angereicherte Lebensmittel verzehrt, besteht die Gefahr, dass die für Kinder empfohlene Tageszufuhr für diese Stoffe überschritten wird. Ein Zuviel an wasserlöslichen Vitaminen schadet zwar nicht, weil der Überschuss ausgeschieden werde. Aber der Nutzen verpufft. Wer sich ausgewogen ernährt, ist mit den meisten Vitamine und Nährstoffen sowieso gut versorgt.
Fazit:
– Zuckerbomben und Fettfallen: Kinderlebensmittel bieten gegenüber normalen Lebensmitteln keine ernährungsphysiologischen Vorteile. Sie enthalten nachweislich zu viel Zucker und Fett.
– Zu viel Salz und zu viele fragwürdige Zusatzstoffe: z.B. Azofarbstoffe, die im Verdacht stehen, Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern zu beeinträchtigen und daher mit einem Warnhinweis gekennzeichnet werden müssen.
– Bei Kindern, die regelmäßig nährstoffangereicherte Kinderlebensmittel essen, kann die Vitaminzufuhr über den Empfehlungen für die Nährstoffzufuhr der DGE liegen. Es ist also wichtig, eine bedarfsgerechte Energie- und Nährstoffzufuhr zu gewährleisten.
– Verwirrung bei den Kindern: Durch teilweise unnatürliche Färbung oder Aromatisierung und lebensmitteluntypische Anreicherungen verlieren die Kinder den Bezug zu den natürlichen Lebensmitteln. Uns schmeckt grundsätzlich das, was wir in bestimmten Phasen der Kindheit bekommen haben und zu essen gelernt haben. Im Kleinkindalter ist das Ernährungs- und Geschmacksmuster noch relativ stark beeinflussbar. Die im Kindesalter erlernten Essgewohnheiten bleiben uns erhalten.
– Kinderlebensmittel sind häufig aufwendig verpackt und tragen zu unnötigen Belastungen der Umwelt bei. Schon früh werden die Kinder an einen Ex-und-hopp-Konsum herangeführt, anstatt zu einem verantwortungsbewussten Umweltverhalten erzogen zu werden.
– Kinderlebensmittel sind häufig teurer als vergleichbare Normalprodukte und sind auch durch kleinere Portionen gekennzeichnet.
– Prinzip der „Verdünnung“ anwenden, z. B. Getränke mit Wasser spritzen, Kinderfruchtjoghurt mit Naturjoghurt vermischen oder Cerealien, die speziell für Kinder sind, mit Haferflocken strecken. Kleine Kinder brauchen überhaupt keine Extrawürste. Eine Spezialkost ist nur bis zu einem Alter von einem Jahr notwendig, sind sich Ernährungswissenschaftler einig. Danach gilt für Kinder, was für den Rest der Familie auch gilt: Die Ernährung sollte ausgewogen sein, mit viel Gemüse, Obst und Getreideprodukten, in Maßen Milchprodukte, Fleisch und Fisch und nicht zu viel Fett. Kinderlebensmittel sind heute aus dem kindlichen Essalltag allerdings nicht mehr wegzudenken. Sie völlig zu verbieten wäre der falsche Weg, weil sie dann umso interessanter für Ihr Kind werden. Aber Eltern sollten den Kindern dann allerdings bewusst machen, was diese Produkte in den meisten Fällen sind: Süßigkeiten.