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therapeutisches reiten
Wer nicht selbst reitet, betrachtet die muskulösen Pferdekörper und die Hufe mit den harten Eisen meist mit gehörigem Respekt.
Kinder aber sehen im Pferd kein unberechenbares Kraftpaket, sondern einen freundlichen Riesen, dessen Freundschaft ihnen Schutz und Geborgenheit verspricht. Es berührt ein Kind tief im Herzen, wenn „sein“ Pferd seine Zuneigung erwidert, ein Leckerli sachte aus seiner Hand nimmt und sich zufrieden streicheln und klopfen lässt.
Sanfte Therapeuten
Genau dieser Effekt wird seit den 1960er Jahren zunehmend für Heilzwecke eingesetzt, denn das Reiten und Arbeiten mit einem Pferd kann nachgewiesenermaßen eine Reihe von körperlichen und geistig-seelischen Problemen gerade bei Kindern und Jugendlichen positiv beeinflussen. Wer es einmal erlebt hat, weiß, wie sicher man sich im Sattel auf einem Pferd fühlt. Fast kann man es nicht in Worte fassen, wie es ist, wenn das Pferd aufmerksam Kontakt zu seinem jungen Reiter aufnimmt. Vom ersten Schritt an entsteht eine stumme Zwiesprache zwischen Mensch und Tier, die umso intensiver erlebt wird, wenn ein Kind bis dahin keinen oder wenig Kontakt zu Tieren hatte.
1. Hippotherapie
Weniger die mentale als die körperlich-stärkende und ausgleichende Seite des Reitens nutzt die Hippotherapie (von griech. „Pferd“ = Hippo und „Behandlung“ = therapeia). Das Kind erhält dabei eine krankengymnastische Behandlung mit und auf dem Pferd. Die Übungen werden von einem Krankengymnasten überwacht, der eine Zusatzausbildung in Hippotherapie besitzt. Der Pferdeführer, der das langsam im Schritt gehende Pferd am Langzügel (Longe) führt, ermöglicht es dem Kind oder Jugendlichen, sich während der Stunde voll auf das Erleben der Bewegungen auf dem Pferderücken zu konzentrieren. Da die Bewegungsmuster von Mensch und Pferd ähnlich sind, erhält der junge Patient dabei Impulse, die wie ein gezieltes Training der Haltungs- Gleichgewichts- und Stützreaktionen wirken und die seinen Muskeltonus harmonisieren.
2. Heilpädagogisches Reiten
Der Name sagt es schon: Bei der Heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd geht es ums Ganze – im Sinne einer ganzheitlichen Förderung: Hier wird je nach Können geritten oder voltigiert – wobei das Pferd am Langzügel auf dem Kreis geführt wird. Es macht Kinder rundum ruhiger und reifer, wenn sie erleben, wie ihr Können wächst und dass sie mit dem Pferd und der gesamten Situation immer besser umgehen können: Durch das Reiten verbessert sich die Motorik. Die Beziehung zum Therapiepferd schult die Wahrnehmung und weckt Freude am Lernen. Nach und nach verbessert sich so die ganze innere und äußere Befindlichkeit der Kinder, was sich äußerst positiv auf ihr Verhalten in der Familie oder in einer Gruppe auswirkt - und vorhandene psychische Probleme spürbar mildert.
3 Reiten mit einer Behinderung
Es gibt nur wenige Sportarten, die Kinder mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung mit so viel Begeisterung ausüben wie Voltigieren oder Reiten. Nicht nur, dass sich beim Voltigieren das Pferd ruhig im Schritt bewegt – es gibt eigens ausgebildete Pferde und spezielle Hilfsmittel, die es selbst Kindern mit schwersten Behinderungen erlauben, das Glück auf dem Rücken eines Pferdes zu erleben – sei es in der Halle oder draußen unter freiem Himmel. Wenn es die Umstände erlauben, können Kinder so auch freies Reiten und sogar Fahren lernen und diese Sportarten mit nicht behinderten Altersgenossen lernen und üben. Es gibt aber auch bereits spezielle Wettkampfklassen (Grade) und Prüfungen wie die Paralympics.
4 Ergotherapeutische Behandlung …
… mit dem Pferd hilft Menschen dabei, eine durch Krankheit, Verletzung oder Behinderung verlorengegangene (oder noch nicht vorhandene Handlungsfähigkeit) im Alltag zu erreichen. Sie ist besonders gut geeignet für Kinder, die unter verzögerter Sprachentwicklung leiden, unter motorischer Entwicklungsstörung oder unter Hyper- oder Hypoaktivität. Auch Kinder mit Verhaltens-, Entwicklungs- oder Lernstörungen machen mit dieser ergotherapeutischen Behandlung häufig bemerkenswerte Fortschritte. Wie bei den Kindern mit psychischen Problemen (-> Heilpädagogisches Reiten) werden bewusst Bewegung, Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und harmonisches Miteinander von Mensch und Pferd gefördert.