
Gesundes und gutes Sehen ist daher für die Entwicklung unserer Kinder das A und O.
Nicht selten aber leiden Kinder unter Sehstörungen, die Eltern und Familien nicht bemerken. Fast jedes fünfte Kind im Alter von vier Jahren hat eine unerkannte Sehstörung. Vor allem im ersten Lebensjahr entwickelt sich das Auge der Kinder rasant schnell: bei der Geburt kann das Baby Licht, Farben und Bewegungen erkennen, ansonsten aber sieht es unscharf. Mit drei, vier Monaten lernt es beidäugig zu sehen, mit etwa acht Monaten hat es in etwa die Sehschärfe eines Erwachsenen. Dennoch dauert es rund drei Jahre bis das Sehvermögen komplett ausgereift ist. Treten in dieser sensiblen Entwicklungsphase Sehstörungen auf, so verläuft dieser Lernprozess fehlerhaft. Werden die Augenleiden dann erst spät erkannt, kann es zu ernsthaften Sehschwächen kommen, die später nicht mehr verbessert werden können. Im schlimmsten Fall können Kinder dann nicht die Regelschule besuchen, keinen Führerschein machen und auch nicht jeder Beruf kann dann noch gewählt werden.
Sehstörung frühzeitig erkennen
Eltern und Ärzte können hier viel tun und verhindern. Eltern können durch genaues Beobachten ihrer Kinder sehr viel dazu beitragen, dass Sehstörungen frühzeitig erkannt und behandelt werden. Auffällig ist, wenn Kinder häufig über Kopfschmerzen klagen, schielen oder doppelt sehen. Mit einer Sehschwäche haben Kinder außerdem Probleme in der Grob- und Feinmotorik, mit dem Gleichgewicht und mit der Hand-Auge-Koordination. Das bedeutet, Hände und Augen arbeiten nicht zusammen, weil das Auge nicht die richtigen Informationen der Hand liefern kann. Warnsignale sind es auch, wenn die Augen zusammen gekniffen werden, wenn Kinder wenig Blickkontakt aufnehmen, sich häufig anstoßen und stolpern, den Kopf schief halten, spät erst das Laufen lernen oder allgemeine Entwicklungsverzögerungen haben.
Sehstörung zu spät erkannt
Bei vielen Kindern werden erst die Sehschwächen erkannt, wenn sie in die Schule kommen und Schwierigkeiten beim Lesen, Schreiben und in der Konzentration bekommen. In diesem Alter gestaltet sich die Behandlung häufig als sehr schwierig oder ist bereits zu spät. Wenn das Kind ein Schielen, ein Augenzittern, eine Lidveränderung, eine Verfärbung der Augen, oder große lichtscheue Augen hat, dann sollten Eltern mit ihren Kindern sofort zum Augenarzt gehen. Aber nicht nur, wenn de Alarmglocken läuten ist eine Augenvorsorge angesagt, eine regelmäßige Kontrolle ist unerlässlich und sehr wichtig. Dr. Brigitte Dietz, Pressesprecherin vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte empfiehlt für eine gründliche Augenvorsorge den Gang zum Augenarzt mit Orthoptisten in der Praxis: „Bereits Ende des ersten Lebensjahres sollte ein Kontrollcheck beim Augenarzt beziehungsweise ein sog. Amblyopiescreening erfolgen, bei familiärer Belastung bereits mit einem halben Jahr. Wenn dies in Ordnung ist, dann reicht ein jährliches Screening.“, so Dietz. Orthoptisten sind speziell ausgebildete Fachkräfte in der Augenheilkunde und können kindgerechte, sehr genaue Untersuchungen vornehmen. Gesetzlich ist nur die Augenvorsorge bei der U7a, also mit ca. drei Jahren, beim Kinderarzt vorgeschrieben. Marlis Lenk- Schäfer vom Berufsverband der Orthoptistinnen empfiehlt aber, frühzeitig zu ersten Untersuchungen zu kommen: „Je früher Augenleiden erkannt werden, desto besser therapierbar sind diese. Wir sind schon froh, dass überhaupt Augenvorsorgen gemacht werden. Ein Kinderarzt kann aber meist nur ein orientierendes Screening machen und wird deshalb meist zu einem Augenarzt, im besten Fall mit Orthoptisten in der Praxis, überweisen.“ Kinder können oft Sehstörungen sehr gut kompensieren. Vor allem Weitsichtigkeit (eine leichte Weitsichtigkeit gilt bei Kleinkindern als normal) und die sogenannte Einäugigkeit bleiben häufig unbemerkt. Bei einer genauen Untersuchung müssen deshalb viele Faktoren berücksichtigt werden.
Hinter einer Sehstörung kann einiges stecken ...
Sylvia Motz arbeitet seit mehr als 20 Jahren als Orthoptistin im Rosenheimer Raum und muss bei den Untersuchungen sehr gründlich vorgehen: „Um zu sagen, dass alles in Ordnung ist, muss viel untersucht werden, wie z.B. die Sehschärfe von jedem einzelnen Auge, die Augenstellung, (vielleicht) gegebenenfalls die Schielwinkelmessung, die Zusammenarbeit der Augen, Beidäugigkeit, das räumliche Sehen, die Beweglichkeit der Augen.(…)usw. und letztendlich ist bei den kleinen Kindern ganz wichtig: die Untersuchung mit pupillenerweiterten Augentropfen, um eine eventuelle Fehlsichtigkeit objektiv zu bestimmen.“
In manchen Fällen wird bei Kindern Weit- oder Kurzsichtigkeit, Hornhautverkrümmung oder ein Schielen festgestellt. Hinter einer Sehstörung kann einiges stecken: zum Beispiel organische Ursachen, wie der graue oder der grüne Star, sowie Netzhaut- und Sehnervenleiden Manche Kinder leiden unter der sogenannten latenten oder verborgenen Weitsichtigkeit, die häufig unerkannt bleibt und nur durch spezielle
Augentropfen, die nur der Augenarzt anwenden darf, exakt bestimmt werden kann. Kinder, die unter dieser Fehlsichtigkeit leiden, haben deutliche Beschwerden oder fangen eventuell an zu schielen. Schielen kann die Zusammenarbeit beider Augen belasten, was nicht selten zu gestörtem Sehen führt, sowie zu Kopfschmerzen und anderen Symptomen.
Je früher, desto besser
Je früher das Schielen und/oder die Sehschwächen erkannt werden, desto besser therapierbar, so die Orthoptistin Sylvia Motz: „Vor allem im frühen Kindesalter ist der Aufwand und die „Abwehr“ der Kinder viel geringer und die Zeit ist mehr vorhanden als zum Beispiel bei Schulkindern. Je nach Art der Sehschwäche kann gut therapiert werden – eine Fehlsichtigkeit wird in der Regel bei Kleinkindern mit einer Brille ausgeglichen. Sind die Augen aber z. B. unterschiedlich, so wird in der Regel zusätzlich zur Brille eine Abdeckbehandlung vor dem guten Auge nötig, um das benachteiligte Auge zu fördern. Die Dauer ist abhängig vom Alter des Kindes und der Tiefe der Sehschwäche. Eventuell kann auch eine Augenmuskeloperation das Sehen verbessern.“ Eine zu spät entdeckte Sehstörung kann meist nicht mehr vollständig geheilt werden und Kinder müssen dann meist mit einer lebenslangen Sehbeeinträchtigung leben lernen.
Eine Brille ist was tolles
Mehr als 30 Prozent der Kinder tragen heutzutage eine Brille. In den meisten Fällen haben Kinder damit auch kein Problem. Vor allem Eltern sollten das Tragen einer Brille als etwas Positives vermitteln, so dass die Kinder sich richtig auf die Brille freuen. Bei Kinderbrillen ist es besonders wichtig, dass sie leicht ist, gut passt und vor allem bruchsicher und flexibel im Gestell ist, weil sich Kinder ja bekannter Weise gern und viel bewegen. Und vor allem eins ist wichtig: schön muss sie sein, damit sie auch immer gern getragen wird. Denn so kann das Auge frühzeitig trainiert werden und spätere nicht mehr zu korrigierende Sehstörungen können so vermindert werden. Vielleicht so weit, dass die schöne Brille am Ende gar nicht mehr notwendig ist.